„Ja sind wir im Wald hier? Wo bleibt unser Altbier? Wir haben in Düsseldorf die längste Theke der Welt!“
Nachdem das Fußball-Wochenende in Düsseldorf und Dortmund endgültig feststand, war dieses Lied nach über 25 Jahren plötzlich wieder in den Ohrgängen.
Hans Ludwig Lonsdorfers Karnevalslied aus dem Jahr 1978, das „Die Toten Hosen“ 1986 auf ihrem dritten Studioalbum „Damenwahl“ als Cover mit dem Titel „Das Altbierlied“ veröffentlichten, sollte uns in den 34 intensiven Stunden in Nordrhein-Westfalen nicht aus den Köpfen gehen.
Gleich nach der Ankunft in Düsseldorf geht es mit dem Taxi in die Altstadt. Wenn nicht viel Zeit ist, muss man die bekanntesten Teile einer Stadt aufsuchen.
Es ist halb zehn Uhr am Vormittag, die pure Fußball-Lust bei Borussia Dortmund gegen den FC Bayern München ist am Samstag für 18:30 Uhr angesetzt. Zeit, um am Rheinufer ein gemütliches Frühstück einzunehmen, bevor es mit dem ICE nach Dortmund geht.
Der Spaziergang durch die Bolkerstraße lässt uns erahnen, was uns am Abend nach der Rückkehr aus Dortmund erwartet. Die Nacht dürfte lang gewesen sein, die Aufräumarbeiten sind noch im Gange. Vorbei am Marktplatz mit dem Alten Rathaus und dem alten Hafen erreichen wir die Düsseldorfer Kasematten.
Eigentlich ist dieser Abschnitt der Rheinuferpromenade stark frequentiert, doch an einem Samstag Vormittag im November sitzen wir alleine im „Sylter Fischkutter“ bei Lachs- und Matjessemmeln und einer Runde Altbier. Das ist sehr gemütlich und der Ausblick auf den Rhein ist bei schönem Wetter phantastisch.
Bilder: Wären wir doch in Düsseldorf geblieben
Nach dem kurzen Ausflug nach Dortmund mit ein bisschen „Fußballschauen“ erleben wir das Nachtleben in der Bolkerstraße. Hier steppt der Bär, ja das nennt man wohl eine Partymeile. Nicht nur die „Villa Wahnsinn“ ist Wahnsinn. Für Fans der gepflegten etwas härteren Rockmusik empfehlen wir das Brauhaus „Weißer Bär“. Einfach zum Abrocken und Headbangen.
Alles aus Liebe
Der nächste Tag: Auf zum Stadion in Düsseldorf, wo zum ungewöhnlichen Sonntag-Nachmittagstermin um 13:30 Uhr die Zweitligapartie Fortuna Düsseldorf gegen den 1. FC Heidenheim angesetzt ist. Die Kicker der Auswärtsmannschaft hatten das Hotel Maritim am Flughafen – wie wir – gewählt. Pünktlich um 11:45 Uhr fährt der Mannschaftsbus zum Stadion.
Die Arena liegt in der Messe Düsseldorf am Rhein. Früher stand auf diesem Gelände das Rheinstadion, das in seiner ersten Form 1925 eröffnet und für die WM 1974 fast gänzlich neu gebaut wurde. Bis zum Abriss 2002 spielte die Fortuna hier, von 2004 hieß die Heim-Spielstätte dann zunächst LTU-Arena. Von 2009 bis 2018 wurde das Stadion Esprit Arena (also im Zeitraum unseres Besuches) genannt. Jetzt heißt das Stadion MERKUR SPIEL-ARENA.
Das Fassungsvermögen beläuft sich bei 54.600 Zuschauerinnen und Zuschauern, 44.683 davon sind Sitzplätze. Beim Spiel gegen Heidenheim sollten es schlussendlich 23.956 Fans werden.
Im „Platinum Club“ des Stadions herrscht wie schon im Dortmunder „Borussia Park“ eine sehr entspannte Atmosphäre. Vor dem Spiel genehmigen wir uns ein paar „Häppchen“. Die Vorfreude auf das zweite Spiel in so kurzer Zeit ist groß, der Hunger auch. Das Essen ist hervorragend.
Der Tribünen-Platz im Block F bietet einen wunderbaren Blick auf das Spielgeschehen. Im Fanblock hängt ein Plakat mit der Aufschrift „Alles aus Liebe F95 Fortuna Düsseldorf“. „Die Toten Hosen“ und die Fortuna gehören einfach zusammen. Nicht nur einmal haben die „Hosen“ aus Liebe zum Verein die Rot-Weißen finanziell unterstützt. 2012 wurden die Musiker zu Ehrenmitgliedern ernannt.
Als kurz vor Spielbeginn der Song „Strom“ von der Düsseldorfer Kultband erklingt, ahnen wir nicht, das der Text von den Spielern und Betreuern beider Teams noch verdammt ernst genommen werden sollte.
Schach Matt! Guten Tag! Es ist alles in Ordnung, ihr könnt‘ aufwachen, wir sind wieder da, wir sind außer uns und außer Rand und Band, und wir haben keine Zeit für Schlaf.
„Strom“ – Die Toten Hosen
Die Partie plätschert zunächst knapp 78 Minuten ohne nennenswerte Ereignisse dahin. Der Unterschied zwischen Erster und Zweiter Deutscher Bundesliga wird uns nach dem Kracher in Dortmund vor Augen geführt. Wir blicken uns an und sagen: „Da passiert heute nichts mehr!“
Als Rouwen Hennings in der 78. Minute das 1:0 für die Fortuna erzielt, beginnen die emotionalsten und irrsten Schlussminuten, die wir seit langer Zeit erlebt haben. John Verhoek, eine Minute zuvor eingewechselt, trifft in der 83. Minute zum 1:1 für Heidenheim.
Dann wird den starken Gästen, die schon in Hälfte eins einen Strafstoß reklamiert hatten, ein glasklarer Elfmeter vorenthalten. Die Emotionen kochen hoch. Als fast im Gegenzug Benito Raman in der bereits laufenden Nachspielzeit das 2:1 für Düsseldorf schießt, explodiert die Stimmung im Stadion.
Doch das ist noch nicht alles. Schiedsrichter Lasse Koslowski zeigt bei einem angeblichen Foul im Düsseldorfer Strafraum plötzlich auf den Elfmeterpunkt. Heidenheims Kapitän Marc Schnatterer verwandelt sicher zum 2:2. Neun gelbe Karten und eine gelb-rote Karte für den bereits ausgewechselten Kaan Ayhan beweisen die vogelwilden Schlussminuten.
Nach nur wenigen Stunden in Düsseldorf und bei der Fortuna ist fix: In dieser Stadt steht alles unter Strom! Und das, obwohl Campino und Co. gar nicht da waren. Kein Wunder: Gleichzeitig mit dem Düsseldorf-Spiel starteten „Die Toten Hosen“ ihre Laune der Natour 2017/2018 in Chemnitz, die sie am 22. Dezember auch nach Wien in die Stadthalle bringen wird.