Pearl Jam in Padua und London: Passione infinita

Wenn Pearl Jam auf Tour gehen, gehen wir auch auf Tour. Dieses Mal standen London und Padua auf unserem Programm.

Der Europa-Teil der diesjährigen World-Jam-Tour umfasst insgesamt 15 Konzerte. Die Band aus Seattle, die Anfang der 1990er in der Grunge-Ära groß geworden ist, ist in erster Linie für zwei Dinge bekannt: Ihre Energie geladenen, extrem emotionalen Auftritte und die Reisefreudigkeit ihrer Fans.

Genau vor einem Jahr hatte uns Leadsänger Eddie Vedder die pure Magie seiner Musik in zwei Solo-Shows im wunderschönen Taormina dargebracht. Nun war es wieder Zeit für das Banderlebnis. Es gibt nichts Besseres, als eine Reise mit Konzerten zu verbinden.

London calling

Wir hatten uns schnell für London entschieden, weil wir dort noch nie waren. Auch anhand von Konzerten kann man Urlaubsdestinationen finden, die man schon im Fokus gehabt hat, aber nie so richtig geplant und dann auch durchgezogen hat.

Die O2 Arena in der Hauptstadt des Vereinigten Königreichs versprüht schon von Haus aus eine Anziehungskraft, wenn man sich die alljährlichen Bilder vom ATP World Tour Finale der Tennis-Stars vor Augen führt.

Was macht man zur Einstimmung auf die zwei Rock-Konzerte in dieser imposanten Halle in North Greenwich? Genau, man besucht ein Bach-Konzert im Barbican des Monteverdi Choir unter der Leitung von Sir John Eliot Gardiner. Auf Empfehlung eines nahen Verwandten aus Tirol. Eine Empfehlung, die unseren musikalischen Horizont wieder ein bisschen erweitert hat. 

Leider sollten aus den zwei geplanten Rock-Konzerten nur eines werden. Eddie Vedder hatte in den ersten Tagen der Europatournee mit einer Grippe zu kämpfen. Seine Stimme war schon beim ersten Gig in London angeschlagen. So erzählte er dem Publikum, dass er vor der Show zwei Hals-Nasen-Ohren-Ärzte aufsuchen musste.

Der Stimmung in der Halle tat das keinen Abbruch. Die Band ist auch nach so vielen gemeinsamen Jahren ein verschworener Haufen, der den Sänger in kritischen Phasen trägt. Den Rest erledigt das Publikum, das jedes Lied, jede Textzeile mitsingt.

Unser Platz – seitlich hinter der Bühne gelegen – sorgte für eine außergewöhnliche und sehr faszinierende Perspektive auf die sechs Musiker, die unter den Klängen von Philip Glass‘ „Metamorphosis II“ die Bühne betraten. Von der ersten Minute an kam uns die Energie des Publikums im wahrsten Sinne des Wortes entgegen.

Die grandiose Setlist (aber sind nicht alle Setlists von Pearl Jam grandios?) machte Lust auf noch mehr. 

Pearl Jam in der Londoner O2 Arena. Kleine Bühne, große Musik.

Emotional wurde es bei „Black“, als Eddie Vedder am Ende mit einem improvisierten Teil dem im Mai des Vorjahres verstorbenen Chris Cornell  – einer seiner besten Freunde – gedachte. Vedder lebt all seine Gefühle auf der Bühne aus.

Er kann extrem emotional sein, manchmal ein wenig aggressiv, aber immer sehr humorvoll. Seine Ansagen kommen trotz aller Ernsthaftigkeit immer mit einem Augenzwinkern daher. Ein Frontmann, der trotz der vielen Auftritte noch immer ein bisschen scheu wirkt. In den meisten seiner Texte geht es um Menschlichkeit, Beziehungen, Freundschaften. Auf eine tiefgründige Art und Weise.

Für viele Menschen haben Vedder und Co. einen Soundtrack für das Leben geschrieben. Das erklärt auch die breite Fanbasis und die Reisebereitschaft auf der ganzen Welt.

Auch wenn es einige Pearl Jam „Fans“ in den sozialen Medien noch immer nicht gecheckt haben, diese Band ist seit ihren Anfängen immer eine sehr politische Band gewesen. Beim aktuellen „Can’t Deny Me“ weiß man sofort, was Eddie Vedder und seine Bandkollegen vom neuen US-Präsidenten halten. Beim Finale haut die Truppe noch das Neil Young Cover „Rockin’ In The Free World“ raus. Wie immer ein durch Mark und Bein gehendes Statement zur politischen Weltlage.

Emozioni a Padova

Teil zwei unserer Tour führte uns ins wunderbare Padua. In dieser Stadt hatte mein Tiroler Opa studiert. Als Pearl Jam die Tourdaten bekannt gaben, war sofort klar, dass wir an den Rand der Poebene 30 Kilometer westlich von Venedig fahren würden. Von Klagenfurt aus sind es rund drei Stunden mit dem Auto. Auch so kann sich ein Kreis schließen.

Im Stadio Euganeo, in dem sonst die Kicker von Calcio Padova beheimatet sind, rockten Pearl Jam knapp drei Stunden. Der Verein hatte zu Ehren der Band extra ein Trikot anfertigen lassen. Auch ein Beweis für die Emotionen und Begeisterung, die die Menschen in diesem Land an den Tag oder wie in diesem Fall an den Abend legen können. Das Stadion, eine der typischen italienischen „Betonschüsseln“, erinnerte ein bisschen an das alte Hanappi-Stadion.

Pearl Jam im Stadio Euganeo in Padua. Unendliche Leidenschaft.

Die Stimme, die Vedder in London verloren hatte, war wieder da. Und wie. Mit „Pendulum“ starteten der Sänger, die beiden Gitarristen Mike McCready und Stone Gossard, Bassist Jeff Ament, Schlagzeuger Matt Cameron und Elektro-Orgelmann Boom Gaspar in einen äußerst emotionalen Abend.

Rund 45.000 Menschen gaben von der ersten Minute an Vollgas. Auf den Sitzplätzen konnte keiner sitzen, alle standen und veranstalteten einen Reigen.

Die Setlist war auch dieses Mal perfekt für den Abend abgestimmt. Nicht erst mit „Even Flow“ sorgte die Band für den richtigen Flow beim Publikum.

28 Songs, darunter „Kracher“ wie „Given to Fly“, „Porch“, „Better Man“, das sensationelle Victoria Williams Cover „Crazy Mary“, „Rearviewmirror“, die Generationen-Hymne „Alive“ und das noch sensationellere The Who Cover „Baba O’Riley“ ließen die Betonwände des Euganeo erzittern. Vielleicht sollte der ansässige Fußballverein den Stadionneubau doch schneller durchziehen als geplant…

Die Band und ein großer Teil der Fans werden älter. Die Songs bleiben für immer jung. Stichwort jung: Auffallend viele Kleinkinder waren im Stadion zu sehen. Ein ambivalentes Gefühl. Einerseits kann ein so lautes Konzert für die sich noch zu entwickelnden Ohren nicht gut sein. Andererseits: Gibt es eine bessere Vorbildwirkung, als Kinder gute Musik miterleben zu lassen?

Wie gesagt, wir werden älter. Aber eines ist ganz klar. Wir rocken weiter, denn wir sind „Still Alive!“

Alle Infos zur Pearl Jam Tour

Die Band

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