18. Juni im Jahr 2000: „Pearl Jam“ spielen am Salzburger Residenzplatz. Das beste Konzert des Lebens für immer.
Für immer? Nein. Denn der Sänger dieser Gruppe setzt 17 Jahre später, am 27. Juni 2017 solo noch eins drauf.
Eddie Vedder war auf Europa-Tournee. Seine beiden letzten Konzerte fanden auf Sizilien statt. Im Teatro Antico von Taormina mit dem Ätna als Hintergrund. Die vielleicht schönste Konzert-Location der Welt. Gut, das „vielleicht“ kann man sofort streichen.
Der passende Ort für einen fulminanten Abschluss einer Serie von Konzerten, die bei den Fans für immer in den Gedanken sein werden, wie man in den Foren- und Facebook-Einträgen nachlesen kann.
Doch der Reihe nach. Da war ja auch noch ein zweiter Gig, am Tag davor. Vedder betrat die Bühne in einer Stimmung, die von der ersten Sekunde an ein wunderbares Konzert erwarten ließ.
Mit „Long Road“ startete Vedder in einen äußerst unterhaltsamen Konzert-Abend. Und das sehr stimmig: Viele Fans hatten wirklich eine sehr lange Anreise auf sich genommen, um ihr Idol in dieser einzigartigen Umgebung zu erleben.
Für Nicht-Pearl-Jammer ein kleiner Exkurs: Ein Markenzeichen dieser Band aus Seattle sind die reisefreudigen Fans, die bei Tourneen selbst auf Tournee gehen und sich mehrere Konzerte geben. Ein weiteres Markenzeichen sind die immer wechselnden Setlists, kein Konzert gleicht dem anderen. Zwei Konzerte hintereinander und man hört rund 50 Songs. Das gilt auch für Eddie Vedders Solo-Shows.
Wie recht Vedder in seinen Ansagen doch hatte: Musik verbindet die Welt. Menschen aus Brasilien, den USA, Kanada, Portugal, Kroatien, Estland, Deutschland, Italien und Österreich – um nur einige Länder zu nennen – feierten ein friedliches Zusammensein. Und sie feierten vor allem eins: das Leben.
Vedder scherzte durch den Abend, vergaß schon mal den Text, was er mit den Worten „I think, I fucked up!“ quittierte. Doch genau das berührt die Menschen. Dieses nicht perfekte, vom Anfang bis zum Ende durchgestylte Line-Up, wie es heute in der Popmusik-Welt oft anzutreffen ist. Vedder ist auch als Star menschlich geblieben. Ein Star, der auf der Bühne auch mal ins Stottern gerät oder etwas verwirrt nach der nächsten zu verwendenden Gitarre sucht.
Seine Begrüßungen in der jeweiligen Landessprache sind legendär. Natürlich hat er damit das Publikum gleich auf seiner Seite. Doch in erster Linie ist es die Musik, die er und seine Bandmitglieder in den nun 27 Jahren seit der Gründung 1990 erschaffen haben, mit der er die Menschen berührt und ins Herz trifft.
Als Support hatte sich Vedder seinen Freund Glen Hansard mit auf Tournee genommen. Der Ire ist in Italien ein Superstar, das spürt man während seines Auftrittes an den Reaktionen im Publikum. Und Hansard ist auch Teil des Vedder-Konzertes selbst.
Schon der erste Abend ist nahezu magisch. Die Setlist hat Vedder zu einer Mischung aus Pearl Jam-Songs, Coverversionen und natürlich eigenen Solo-Songs wie zum Beispiel aus dem Soundtrack zum Film „Into The Wild“ vermengt. Bei Highlights wie „Better Man“ oder „Hard Sun“ wartet man eigentlich nur noch darauf, dass der Ätna ausbricht, so eruptiv ist die Stimmung im Kessel des Theaters.
It can’t get Eddie Vedder than this
Und dann kommt der zweite Abend. Es kann nicht mehr besser werden als am Tag zuvor? Doch, es kann. Eddie Vedder sinniert über das wunderschöne Taormina. Er ist ein Künstler, der all seine Erlebnisse vor Ort reflektiert und in den Konzertabend einbaut.
Vedder ist wieder sehr gut aufgelegt, aber auch ernster als am Abend zuvor.
Leicht hatte es der letzte verbliebene große Grunge-Veteran bei dieser Tour wahrlich nicht. Sein Freund und Bruder im Geiste Chris Cornell hatte sich kurz vor Vedders Tour-Start im Mai das Leben genommen. Die Setlist geht dieses Mal noch tiefer unter die Haut.
Songs wie „Off He Goes“, „Immortality“, das Nick Cave & The Bad Seeds-Cover „The Ship Song“, „Black“ und die mit Glen Hansard gemeinsam vorgetragenen Lieder „Falling Slowly (The Swell Season Cover), „Smile“ sowie das zeitlose Neil Young-Cover „Rockin‘ in the Free World“ bieten nicht nur wunderschöne Unterhaltung und Emotionen, sondern regen auch zum Nachdenken an. Wie lange werden Vedder und Co. und wir noch in einer freien Welt weiter rocken?
Mit „Dream A Little Dream Of Me“ beschließt Vedder seine Europa-Tournee. Die Fans sind da schon längst ins Träumen gekommen. Und sind sich einig, dass dieser zweite Auftritt so war wie es auf einem T-Shirt stand: It can’t get Eddie Vedder than this.