Der Giro d’Italia streifte Österreich. Genauer gesagt Osttirol und Kärnten. Die 19. Etappe von San Candido/Innichen nach Piancavallo am 26. Mai 2017 ließ auch zahlreiche rot-weiß-rote Radsportfans einen kurzen Abstecher ins benachbarte Italien machen. So oft hat man nicht die Gelegenheit, die Radstars aus nächster Nähe zu beobachten.
Mandi Michele
Pinzano al Tagliamento, zuletzt beim Giro 2014 Etappen-Durchfahrtsort, hat sich für den großen Tag heraus geputzt. Rosa ist die dominierende Farbe. Zur Orientierung: Die weltberühmte Schinkenstadt San Daniele del Friuli liegt nur knapp acht Kilometer am anderen Ufer des großen Flusses entfernt.
Gleich bei der Ortseinfahrt erinnert ein Plakat mit einem herzlichen „Mandi Michele“ an den charismatischen und äußerst beliebten Radstar Michele Scarponi, der bei einer Trainingsfahrt für den Giro im April tödlich verunglückte. Die Erinnerung an ihn wird lange dauern!
Schon zu Mittag ist die Vorfreude in der Bar „Al progresso“ – „Zum Fortschritt“ zu spüren. Hier treffen sich die Hardcore-Fans Stunden zuvor zum Fachsimpeln. Im Fernseher läuft die Übertragung: Der Giro ist im Anrollen.
Bilder: Giro in Pinzano al Tagliamento
Der Grillmeister hat den Griller angeworfen, heute gibt es Panino con bistecca – eine Art Burger für die Slowfood-Bewegung. Situationskomik pur, als der Kollege des Grillmeisters beim Servieren noch jeweils einen Zahnstocher ins Panino sticht.
Drei Stunden noch bis zur großen Durchfahrt, das kann lange dauern. Nicht in Italien: Wenn sich die Dorfgemeinschaft an so einem wichtigen Tag trifft, gibt’s die große Unterhaltung. Als dann die ersten offiziellen Autos des Giro unter lautem Gehupe Pinzano erreichen, zeigen die Bewohner eine fast kindliche Begeisterung. Das Motto der 100. Ausgabe – „Amore infinito – endlose Liebe“ nehmen die Menschen hier wörtlich.
Die Werbe-Karawane ist der nächste Höhepunkt. Ein Truck bolzt durch die engen Gassen. Als der Fahrer das Horn zum Gruß betätigt, wehen die italienischen Fahnen trotz totaler Windstille.
Blick hinter die Kulissen
Interessant ist der Blick hinter die Kulissen. Live vor Ort erlebt man die große Logistik, die bei so einer großen Landesrundfahrt erforderlich ist. Das alles bekommt man als TV-Zuseher einer Giro-Etappe nicht mit. Mehr als 100 Autos und Motorräder jagen vor und nach den Radprofis durch die Ortschaften. Straßensperren sorgen für die nötige Sicherheit der Rennfahrer, die mit bis zu 90 km/h – bergab – über die Landstraßen düsen.
Ein letzter Sicherheitscheck wird knapp vor dem Eintreffen des Feldes gemacht, ein Motorradfahrer umwickelt ganz entspannt zwei etwas gefährlich am Straßenrand parkende Autos mit einem rot-weißen Absperrband. Es gibt sehr viel zu sehen an so einem Giro-Tag.
Wie im Fluge vergehen die Stunden. Knapp vor 15:30 Uhr, die Polizeimaschinen und die offizielle Delegation verkünden die Ankunft des Giro-Trosses. Alles geht ganz schnell, nach knapp 10 Minuten ist es vorbei. Ein kurzer Moment, der lange in Erinnerung bleiben wird.